Wie komme ich auf meine Ideen?


Interessanterweise bekomme ich oft durch Gegenstände oder Materialien Impulse. Beispiele dafür sind Bücher für meine verschiedenen Bücherskulpturen, eine Jacke meiner Mutter für meine Jacken-Skulpturen, ein alter Koffer im Keller für die Skulptur "Die grosse Reise", Vorhangfäden für die Rapunzel-Objekte. Auch Örtlichkeiten, für die ich plötzlich eine Skulptur vor Augen sehe, können mich zu einer Arbeit inspirieren. Es beginnt dann ein längerer mit viel Ausdauer und Durchhaltevermögen verbundener Erschaffensprozess, bei dem die Arbeit verschiedene Stadien bis zur endgültigen Fassung durchläuft.


Auch moderne Kulissen und Szenenbilder im Theater inspirieren mich. So wähle ich für die Ausführung der Skulpturen meist eine etwas karge Präsentation. Ausser bei meinen Bildern ziehe ich "farblose" Farben wie Grauschattierungen, Ecru, Weiss, Schwarz, in Pastell gehaltene Brauntöne vor. Für meine Aussagen möchte ich spielerische Ablenkungen vermeiden, um so einen Fokus auf Wesentliches zu ermöglichen. Es ist eine Art Dramatisierung durch künstlerische Umsetzung, Theatralisierung, Inszenierung.



Wie bin ich zur Kunst gekommen?


Während der Handelsschule ist unsere Deutschlehrerin hin und wieder mit uns ins Kunsthaus gegangen. Dort haben mich die Arbeiten von Georg Segal und Edward Kienholz sehr beeindruckt. Es gab da beispielsweise eine Bar mit lebensgrossen Figuren, die alle eine Uhr als Kopf hatten. Das hat mich damals fast umgehauen.


Auch die Schriftsteller Frisch und Dürrenmatt mit ihren nachdenklich machenden Theaterstücken, beeindruckten mich kolossal und haben mein Weltbild zum nachdenklichen Menschen hin stark mitgeprägt.


Schon früh hatte ich den Drang, mich handwerklich zu betätigen. Mein Moped konnte ich beispielsweise selber frisieren.


Den Lebensunterhalt verdiente ich aber im Büro. Etwas Handwerkliches für ein Mädchen war damals zu ungewöhnlich. Erst viel später konnte ich zu meinen handwerklichen Neigungen stehen und besuchte Modellier-, Bildhauer-, Mal-  und sogar mal einen Schweisskurs.


Wie der Mensch mit dem Mitmensch und der Mitwelt umging, beschäftigte mich, erfuhr man in der Geschäftswelt doch einiges am eigenen Leib.


In der Folge machte ich Skulpturen aus Schrott und malte auf Kübelsäcke. Es war eine Art Protest. Als Gegenpol dazu schuf ich ästhetische Skulpturen aus Stein, Bronce, Gips. Der Wunsch nach einer besseren Welt, nach Schönheit und Unversehrtheit, kam hier zum Ausdruck.


Lange Jahre pausierte ich, beschäftigte mich mehr mit Klavierspielen und begann erst in den letzten 10 Jahren wieder mit bildender Kunst.


Grundsätzlich habe ich einfach den Drang, was mich beschäftigt nach aussen zu tragen. Für mich ist es eine innere Notwendigkeit



Was bezwecke ich mit meiner Kunst?


Wahrscheinlich suche ich mit ihr Gleichgesinnte, man könnte vielleicht sagen ARTgenossen und solche, die es durch meine Kunst ein wenig werden könnten.


Vieles bleibt offen, und ich sehe meine Abeiten nicht als vollendete Tatsachen an, eher als Impulsgeber für die eigene, interne Erlebniswelt.


Den Betrachter in seinem Innern zu erwischen, ihn zu spiegeln, ihm eine assoziative Reise zu ermöglichen, ihm mit der Sprache der Kunst auf der Ebene des Unaussprechlichen zu begegnen, ihn zu verblüffen, ihn zum Staunen, humorvoll zum Lächeln zu bringen, ihm zu ermöglichen, sich hinzusetzen, zu betrachten, nachzudenken, zu sinnieren. Die Kunst kann dem Menschen sehr viel geben. Er soll mit ihr eine schöne, ruhige Zeit verbringen, abseits der täglichen Hektik.


In meiner Kunst versuche ich, die beiden Pole Lebensfreude und Ernsthaftigkeit unter einen Hut zu bringen.



Was hat es mit den Jacken auf sich?


Ausgangslage war eine Jacke meiner Mutter. Ich kann nicht erklären, warum ich daraus in ihrer Form erstarrte Kopien anfertigte. Es ist eine Art Konservierung. Ich stellte mir nur vor, dass sie nicht sofort als künstlerische Arbeit identifizierbar sein und den Betrachter, wenn er dann bemerkt, dass er einer Kopie aufgesessen ist, stutzen lassen und verblüffen wird. Kunst auf den 2. Blick. Durch die Arbeit an den Jacken wurde mir bewusst, dass wir Kleidungsstücke mit ihren Trägern identifizieren, vor allem bei Jacken und Mänteln, die wir fast täglich tragen, ist das so.


Wenn die Jacke einer uns vertrauten Person am Haken hängt, wissen wir sofort, dass das die Jacke dieser Person ist, sie gehört zu ihr, strahlt etwas von ihrer Identität aus. Wenn die Person weg ist, strahlt die Jacke immer noch etwas von ihr aus, fast wie wenn sie noch anwesend wäre.


Hängt eine Jacke, die wir nicht kennen, in der Garderobe, vermuten wir sofort, dass Besuch da ist.



Warum führe ich die gleichen Motive manchmal in verschiedenen Materialien aus?


Einerseits experimentiere ich gerne und andererseits interessiert es mich zu sehen, wie die gleichen Motive wirken, wenn sie in einem anderen Material ausgeführt werden. So  kann eine sehr spannende Serie entstehen.




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© Hanny Bühlmann 2013

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